Erik: schicksalhafte Tageszeitung

Die Anmeldung

Im August 2012 machte ich eine Radreise in den Niederlanden. Auf der Rückfahrt von Amsterdam nach Mannheim kaufte ich die Zeitung “Die Welt”. Im Zug stieß ich auf einen ganzseitigen Artikel über Hochbegabung – das klang spannend. Beim Lesen des Artikels stellte ich fest, dass viele der darin beschriebenen Eigenschaften auch auf mich zutrafen.

Ich hatte mir tatsächlich schon öfter Gedanken darüber gemacht, ob ich vielleicht hochbegabt sein könnte. Bisher hatte ich den Gedanken jedoch immer wieder verworfen. Ich war 43 Jahre alt und niemand hatte mich jemals auf das Thema Hochbegabung angesprochen. In meiner Familie gab es keinen erkannten Hochbegabten. Ich hatte nicht mal Abitur, sondern nur die Mittlere Reife geschafft. Außerdem sind nur 2% aller Menschen hochbegabt. Wieso sollte gerade ich es sein?

Der Zeitungsartikel motivierte mich: ich wollte jetzt unbedingt wissen, ob ich hochbegabt bin oder nicht und den Mensa-Intelligenztest machen.

Nach meiner Rückkehr informierte ich mich auf der Mensa-Website über die Test-Termine. In meiner Region Rhein-Neckar gab es erst in 2 Monaten den nächsten Test, aber am nächsten Wochenende gab in Saarbrücken gab es direkt am nächsten Wochenende einen Test. Ich überlegte nicht lang und meldete mich für den Mensa-Test in Saarbrücken an – das konnte ich gut mit einem Besuch bei meinen Eltern verbinden, die im Saarland wohnen.

Als ich einer Freundin von meiner Anmeldung erzählte, meinte sie, ich sei zwar ein netter Kerl, aber bestimmt nicht hochbegabt.

Der Test

Der IQ-Test fand in einem Konferenzraum der Saarbrücker Jugendherberge statt. Vor der Tür,  warteten 2 junge Frauen. Eine von ihnen erzählte, dass sie einen Bruder hätte, der dreimal sitzengeblieben wäre, weil er sich in der Schule so gelangweilt hätte. Ich hatte zwar nie das Klassenziel verfehlt, den Schulunterricht fand ich aber meistens auch uninteressant.

Für den Test waren 6 Teilnehmer angemeldet. Aber nur die beiden Frauen und ich waren gekommen. Die Testleiterin hieß Isabel und erklärte uns, wie genau der Test ablaufen würde Für das Modul mit den Rechenaufgaben teilte sie uns noch leere Blätter aus, falls wir uns Notizen machen wollten, denn ins Testheft zu schreiben ist nicht erlaubt. Ich schob mein Blatt zur Seite. Ich wusste, dass ich es nicht brauchen würde. Ich löste alle Rechenaufgaben im Kopf und rechnete sie zur Sicherheit nochmal nach. Trotzdem war ich in der Hälfte der Zeit fertig. Ich beobachtete die beiden Frauen und sah, wie sie auf ihren Notizzetteln kritzelten.

Nach dem Test erzählte Isabel uns noch einiges über Hochbegabte. So sagte sie zum Beispiel auch, dass sie sich oft “dumm stellen”, um nicht aufzufallen. Mir wurde bewusst, dass das auch auf mich zutraf. Je mehr sie erzählte, desto stärker hatte ich das Gefühl, dass ich in diesen Verein gehörte.

Das Ergebnis

Schon nach einer Woche kam das Testergebniss: Ich hatte das Kriterium erfüllt. Den beiliegenden Mensa-Mitgliedsantrag füllte ich aus und warf ihn noch am gleichen Tag in den Briefkasten. Ich wollte nicht das Risiko eingehen, dass der Verein es sich nochmal anders überlegt.

Ich habe in meinem Leben einige falsche Entscheidungen getroffen, aber den Kauf der Tageszeitung, die Anmeldung zum IQ-Test und den Einwurf meines Mitgliedsantrags in den Briefkasten habe ich bis heute nicht bereut.